Wie entsteht aus einer smarten Brille ein Hilfsmittel zur Rollstuhlsteuerung?

Shownotes

Anmerkung: _Die Richtlinien der WCAG beschreiben nicht nur Webseiten sondern Internetangebote im allgemeinen. Darunter fallen auch nicht-webbasierte Anwendungen wie Dokumente sowie Software. In Europa dienen diese Richtlinie als Grundlage für die europäische Norm EN 301549. Wer die Anforderungen zur digitalen Barrierefreiheit umsetzen muss, ist in Deutschland in der BITV 2.0 bzw. zusätzlich im jeweiligen Landesgesetz festgelegt (in Bayern in der BayEGovV).

Links zu Episode vier:

Claudiu Leverenz arbeitet bei Munevo: www.munevo.com

Link zur kostenlosen Erstberatung der Beratungsstelle Barrierefreiheit: https://www.byak.de/planen-und-bauen/beratungsstelle-barrierefreiheit/digital-barrierefrei/kostenlose-erstberatung.html

Referenz zur Seite der W3, auf der die Richtlinien der WCAG stehen: https://www.w3.org/WAI/standards-guidelines/wcag/

Allgemeine Links zum Podasct:

Der Postcast wird erstellt von der Beratungsstelle Barrierefreiheit: https://www.byak.de/digital-barrierefrei.

Die Beratungsstelle wird gefördert von Bayern Barrierefrei: https://www.barrierefrei.bayern.de

Dennis Bruder ist Fachkraft im Test.Labor Barrierefreiheit der Werkstatt der Stiftung Pfennig-parade: https://www.pfennigparade.de/

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Transkript anzeigen

Alexandra Gödeke (Sprecherin - Intro mit Musikuntermalung): Barriere? Los! Der Podcast für barrierefreie Lösungen im digitalen Raum.

Dennis Bruder: Hallo und herzlich willkommen zu Barriere? Los! Dem Podcast zur Digitalen Barrierefreiheit.

Dennis Bruder: Mein Name ist Dennis Bruder. Ich bin Berater für die Beratungsstelle Barrierefreiheit in Bayern und wir sind Teil von Bayern Barrierefrei. Und heute zu Gast ist jemand, auf den ich mich ganz besonders freue, weil wir uns auch schon eine Weile kennen.

Dennis Bruder: Sein Name ist Claudiu Leverenz und er arbeitet bei Munevo.

Alexandra Gödeke (Sprecherin - Einspieler mit Ton): Claudiu Leverenz ist Wirtschaftsinformatiker. Aus einem Projekt während des Studiums entstand 2018 die Firma Munevo, deren Mitbegründer er ist. Munevo befasst sich mit der Weiterentwicklung von Smart Glasses. Ziel ist es, dass Menschen mit Bewegungseinschränkungen etwa einem Rollstuhl mit Hilfe von Kopfgesten steuern können.

Dennis Bruder: So. Ich will auch gleich mal mit der Tür ins Haus fallen, weil euer Produkt doch ein bisschen erklärungsbedürftig ist. Claudiu, versuche doch mal, euer Produkt in einem Satz zu erklären.

Claudiu Leverenz: Ja, gerne. Ich versuche es. Also: Es ist nicht so einfach. Im Prinzip: Was wir entwickelt haben, ist eine neue Art von Steuerung für elektrische Rollstühle, basierend auf smarten Brillen oder Smart-Glasses und die werden dann im Prinzip genutzt von Menschen, die aufgrund von besonderen Krankheiten nicht mehr auf herkömmlicher Weise ihren Rollstuhl steuern können und jetzt eben über diese Brille den Rollstuhl steuern.

Dennis Bruder: Ja wir kennen uns ja schon eine ganze Weile. Ich habe, glaube ich, das erste Mal von eurem Projekt über eine E-Mail gehört und ich habe eine E-Mail gekriegt hier in der Stiftung Pfennigparade, dass es an der Uni ein Projekt gibt, in München, an der TU und erzähle doch ein bisschen darüber, wie es zu diesem Projekt kam und was du auch gemacht hast.

Claudiu Leverenz: Gerne. Also: Wir hatten damals die Möglichkeit, mit der Technologie, ja, etwas auszuprobieren und im Rahmen eines Entwicklungspraktikums etwas zu entwickeln im Bereich Mobilität und das war auch gemeinsam mit einem Industriepartner. Das heißt: Viele haben sich mit dem Industriepartner auch auseinandergesetzt, aber unsere Betreuer und Professoren haben von Anfang an gesagt: „Hey. Seid kreativ. Denkt euch etwas Cooles aus damit.“ und damals gab es die Brille von Google selbst. Also: Die Google-Glas und bei uns im Team gab es jemanden, der sein Zivildienst in einem Heim gemacht hat, wo ganz viele Rollstuhlfahrer waren. Also: Ähnlich wie die Pfennigparade im Prinzip dann und so sind wir auf die Idee gekommen, die damals wirklich nur eine Idee war. Also: Wir hatten uns nicht ausmalen können, was wir so viel, ja, machen können damit wie heute eigentlich jetzt schon möglich ist.

Dennis Bruder: Ja, spannend und dann ist daraus ja im Prinzip eure Firma entstanden.

Claudiu Leverenz: Genau.

Dennis Bruder: Wie ging dann dieser Schritt am Ende?

Claudiu Leverenz: Es war überhaupt schwierig, an einen Rollstuhl zu kommen. Das heißt: Wir haben mit der Pfennigparade gesprochen mit vielen Sanitätshäusern, Herstellern und wir haben dann viele eben angerufen und denen am Telefon gesagt, was wir eigentlich machen wollen und niemand hat uns wirklich geglaubt und wir mussten dann wirklich vor Ort sein und dann die Brille zeigen und zeigen, wie wir uns das Ganze vorstellen und je mehr wir dann mit den Leuten halt in Kontakt getreten sind, desto mehr Feedback haben wir bekommen und am Ende des Praktikums haben wir es wirklich nur geschafft, dass der Rollstuhl sich drehen konnte, aber durch das Feedback, was wir bekommen haben von den Menschen, auch von den Rollstuhlfahrern, mit denen wir zusammengearbeitet haben, desto mehr wurde uns klar: Hey, da ist eigentlich etwas, wo wir Menschen helfen können, und das müssen wir auf jeden Fall weiter vorantreiben. Dann hat es sehr viel Unterstützung von der TU München gegeben. Es gab quasi einen Gründungsberater, der uns zur Seite gestanden war und uns bei der ganzen Gründungsgeschichte auch geholfen hat, aber ich würde sagen: Aufgrund des … Aufgrund der Menschen, mit denen wir dann zusammengearbeitet haben, und das Feedback, das hat uns wirklich so den Push gegeben, dass wir eine Firma daraus gegründet haben.

Dennis Bruder: Und ihr habt es ja jetzt relativ weit gebracht damit, würde ich sagen. Ihr habt ja gerade letztens im Fernsehen, sogar bei Höhle der Löwen …

Claudiu Leverenz: Lacht. Genau.

Dennis Bruder: … ich habe die Sendung gesehen. Es war auch spannend. Wie kam das?

Claudiu Leverenz: Also: Wir wurden schon mal angeschrieben, ob wir mitmachen wollen, und damals hatten wir gedacht: „So. Nee. Das macht nicht so viel Sinn für uns, weil wir schon wirklich eine Medizintechnologie haben mit Medizinprodukten und vielen komplexen Dingen auch und da hatten wir uns am Anfang gedacht: „Nee, es macht nicht so viel Sinn.“ Und dann haben wir aber von anderen Startups eben gehört, die dann doch mitgemacht haben, auch wenn es nicht so richtig die Investoren waren, die für sie infrage kommen. Einfach, um „Awareness“ zu schaffen, also „Bekanntheit“ zu erfüllen und da haben wir uns beim zweiten eben entschieden, uns zu bewerben und wurden dann auch ausgewählt und haben eigentlich so echt ein sehr, sehr gutes Feedback erhalten, auch, wenn es am Ende nicht zu einem Deal gekommen ist. Was wir auch eigentlich auch nicht vorhatten damit, sondern für uns war es nur wichtig, dass wir das … Ich glaube, über zwei Millionen Menschen haben da wirklich zugeschaut und es sind halt so viele Menschen danach wirklich auf uns zugekommen, die das gesehen haben, auch Rollstuhlfahrer, die das dann wirklich auch schon ausgetestet haben und wo wir jetzt in den Prozessen stehen mit der Erstattung mit den Krankenkassen.

Dennis Bruder: Ja, spannend. Ihr habt auch noch eine gute Neuigkeit. Ich habe letztens gesehen, dass ihr den zweiten Platz beim Bayerischen Digitalpreis gemacht habt für Digitale Teilhabe und Teilhabe kann ich mir auch so erklären, dass ihr ja, also quasi ein Produkt habt, das über die reine Rollstuhlsteuerung hinausgeht, nämlich: Jetzt kommt dann der Switch hinüber zum Produkt selber. Ihr habt ja eine smarte Brille und eine smarte Brille bietet ja ganz viele Chancen. Erkläre doch mal, warum ihr euch dann eben für eine smarte Brille auch entschieden habt.

Claudiu Leverenz: Ein super wichtiger Punkt. Also: Die smarte Brille kommt eben bereits mit verschiedenen Funktionen integriert:

Claudiu Leverenz: Die Brille hat bereits ein Kameramudul.

Claudiu Leverenz: Das hat ein Display,

Claudiu Leverenz: das hat ein Mikrofon,

Claudiu Leverenz: das hat einen Bluetooth für einen WLAN-Chip integriert

und all das nutzen wir dann, um den Menschen einfach mehr Teilhabe zu ermöglichen und es funktioniert dann über unsere eigene entwickelte Software, worüber man die bestimmten Dinge über verschiedene Gesten steuern kann. Diese Gesten, die man nutzt, die kann man auch selbst kalivieren. Das heißt: Man muss nicht ja irgendwen um Hilfe bitten, sondern man macht das alles selber und diese Unabhängigkeit und Teilhabe durch diese Funktionen ist das, was unsere Lösung, glaube ich, auch so wichtig macht am Ende des Tages.

Dennis Bruder: Wie funktioniert das mit den Schnittstellen? Weil: Man ist ja immer angewiesen auf Schnittstellen. Sind das offene Schnittstellen zu … Ich nehme an, ihr programmiert in Alexa oder in Google Home hinein oder? Wie funktionieren diese Schnittstellen genau?

Claudiu Leverenz: Genau so, indem die Schnittstellen, die wir eben haben, ist einmal die WLAN-Schnittstelle und die Bluetooth-Schnittstelle und man verbindet die Brille nachdem zu Google Home, zu Google Alexa. Am meisten Verbreiteten gibt es so ein HUB, wo man sich wiederum per Bluetooth einfach oder per WLAN einschaltet und dann müssen wir eben auch gezielt programmieren: Welche Signale werden für welche, ja, Ausgänge dann quasi genutzt? Also: Wenn man jetzt zum Beispiel im Smart-Home-Bereich ist, müssen wir dann wissen: OK. Mit welchem Signal schalten wir das Licht ein und aus? Da hilft uns aber wiederum die Brille dabei, weil wir da auch ein komplettes Menü auch einblenden können, dass man navigieren kann, wie wirklich auf einem Handy mit den Händen, bloß man macht es bei der Brille mit dem Kopf, mit den Kopfbewegungen.

Dennis Bruder: Ihr habt ja ein Produkt, das vor allem auf Bewegungseinschränkungen zielt. Habt ihr euch damals in der Entwicklung, also auch an der Uni das quasi alles ausgedacht, wer eure Zielgruppe ist oder seid ihr da …? Also, du hast du gesagt, du warst ja in der Pfennigparade damals. Wie funktioniert das so als Entwickler, wenn man da herangeht und erstmal vielleicht niemanden gar nicht so richtig kennt mit der Art Behinderung, dass man sich da hineinversetzen kann?

Claudiu Leverenz: Super schwierig. Also: Ich glaube, am Anfang hatten wir einfach auch wiederum das große Glück, dass wir relativ früh auch einfach hinausgegangen sind und uns mit den Menschen unterhalten haben. Ganz viel eben auch hier in der Pfennigparade, mit verschiedensten Menschen mit verschiedenen Krankheiten und so weiter, aber es ist immer noch bis heute halt super schwierig sich in die Situation hineinzuversetzen. Deswegen haben wir das, glaube ich, bis heute und machen wir auch noch das heute noch so, dass wir uns wirklich konstant austauschen. Also: Immer wieder auch mit unseren eigentlichen Nutzern jetzt, aber auch mit jemandem, der das eben noch nicht nutzt und uns einfach fragen:

Claudiu Leverenz: Wie er oder sie das sieht?

Claudiu Leverenz: Welche Informationen für einen wichtig sind?

Claudiu Leverenz: Welche Schnittstellen wichtig sind?

Claudiu Leverenz: Welche, ja Module waren genutzt?

Claudiu Leverenz: Du hast Alexa genannt. Du hast Google Home genannt. Es gibt aber noch zig andere verschiedene Sachen, worauf man achten muss und da versuchen wir im ständigen Austausch zu bleiben.

Dennis Bruder: Habt ihr, also, weil das ist im Prinzip ja anknüpfend, daran euch auch, also, hast du von Digitaler Barrierefreiheit mal gehört? Das ist ja ein sehr verwandtes Thema für uns wie ja auch in dem Podcast, weil wir ja selber eine Beratungsstelle für Digitale Barrierefreiheit sind und dann gab es ja schon Standards. Ich weiß nicht, ob du die WCAG kennst? Diese Standards.

Claudiu Leverenz: Genau.

Dennis Bruder: Ist das in eure Entwicklung schon hineingelaufen?

Claudiu Leverenz: Zum Teil schon ja auf jeden Fall. Also: Wir hatten uns manchmal auch gar nicht damit ausgekannt und ich würde sagen: Das alles ist ein bisschen bei uns historisch gewachsen. Also: Je mehr wir uns mit unseren Themen beschäftigen, desto mehr haben wir verschiedene, ja, eben Aspekte mitbekommen und versuchen sie immer wieder bei uns einzubauen. Ich muss gestehen: Auch unsere Webseite muss natürlich noch viel mehr verbessert werden und ich habe da schon gewisse Lösungskonzepte. Also: An der Umsetzung fehlt es jetzt aktuell noch, weil wir halt auf der Lösungsseite auch noch viel weiter und viel mehr entwickeln wollen, aber wir lernen immer wieder neu dazu. Es gibt immer wieder super spannende Ansätze. Ich habe auch letztens bei einer Konferenz in den USA mitgemacht, wo es auch super viele Neuigkeiten gab auch zum Teil:Was ist ein smarter Rollstuhl überhaupt und wie kann man ihn kategorisieren?

Claudiu Leverenz: Da gab es ein schönes Framework, das wir uns auch mit anschauen werden.

Und wie gesagt: Wir lernen ständig mit dazu.

Dennis Bruder: Ja. Es ist interessant. Wir sind ja hier. In dem Podcast wollen wir auch so ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten und ich hatte folgendes WCAG-Thema angesprochen. Das ist ein eben quasi international entwickelter Standard und was das genau ist, das erklärt uns unsere Werkstattmitarbeiterin Alexandra Gödeke jetzt mal kurz.

Alex Gödeke (Einspieler mit Musikuntermalung): „Web Content Accessiblility Guidelines“, kurz WCAG , bedeutet „Richtlinien für barrierefreie Webinhalte.“ Die WCAG sind ein internationaler Standard, der regelt, wie Webseiten barrierefrei zu gestalten sind. So wird gesichert, dass Menschen mit verschiedenen Einschränkungsarten, wie beispielsweise einer motorischen Einschränkung, auf digitale Medien zugreifen können. In der EU gelten die Richtlinien der WCAG für alle öffentlichen Internetangebote.

Alex Gödeke (Einspieler mit Musikuntermalung): .

Dennis Bruder: Ja. Du hast jetzt gerade davon gesprochen, dass du in den USA viel unterwegs bist und, ja, wahrscheinlich eben mit ganz spannenden Firmen du auch in Kontakt bist. Was glaubst denn du, wo die Reise hingeht? Also: Man kann das ganze Thema ja weit spinnen. Das geht nicht nur um Mensch mit Behinderung, sondern um Verschmelzung von Mensch und Technik. Hast du irgendetwas spannendes Neues entdeckt oder was schätzt du auch wo es hingeht?

Claudiu Leverenz: Also: Es gibt super viele Entwicklungen aktuell. Wir selbst, um vielleicht gleich nochmal kurz über Munevo zu sprechen: Wir schauen aktuell uns auch Entwicklungen im Bereich von Abpumpbewegungen, aber auch wirkliche Gehirnwellenmessungen, Human-Brain-Computer Interfaces. Also: Was uns super interessiert, wo wir auch schon mit kleineren Prototypen entwickelt haben, und das auch super spannend ist.

Dennis Bruder: Da habe ich letztens auch eine Firma entdeckt nämlich, die eine Computerbedienung über Gehirnstrom haben und das fand ich auch, also, durch die ist mir da nochmal total so ein Licht aufgegangen, was es bedeuten könnte für Menschen mit Behinderung …

Claudiu Leverenz: Genau

Dennis Bruder: … Weil: Da kannst du ja, noch viel mehr abgreifen, als ihr da könnt. Da kannst du ja Menschen mit einem Locked- In Syndrom in eine Kommunikation zurückholen oder du kannst Leute, die super eingeschränkt sind, auf einmal zum Rollstuhl bewegen bringen. Also ganz spannend

Claudiu Leverenz: Genau und in diese Richtung wollen wir uns auf jeden Fall hinbewegen und das sind auch die Technologien, die meistens auch mehr oder weniger halt in Prototypen starten und da noch weiter weiterhin geforscht werden, aber wir wollen da von Anfang an mit dabei sein und ich denke, dass die Reise eben schon, wie du schon richtig gesagt hast, dass es zu dieser Verschmelzung kommen wird. Wo man wirklich mit Technologie gemeinsam an Sachen arbeitet oder einfach Dinge dadurch verbessert und ich würde mir erhoffen oder wünschen, dass wir mit unserer Arbeit alle Menschen auch wirklich mit inkludieren und auch wirklich teilhaben lassen, uns wirklich so zu geben, weil: Meistens werden oder öfter werden halt Menschen mit Behinderung leider nicht mit inkludiert in solchen Entwicklungen und deshalb ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass wir da auch weiterhin Fahne oben halten und damit in großen Schritten vorangehen.

Zum Thema USA: Es gibt super viele spannende Entwicklungen, aber ich finde: Man muss sich hier in Europa gar nicht so verstecken. Also: wir sind mindestens, glaube ich, auch im gleichen Level unterwegs und was ich noch ziemlich spannend fand, war das Thema autonomes Fahren und ich meine: Das Ganze findet man schon in Autos und der logische Schritt wäre natürlich auch schon, dass man das auch in Rollstühle einbaut, aber da gab es ja eben ein spannendes Konzept, was eben unsere Meinung teilt, dass man nicht komplett autonom sein möchte, weil man immer noch diese Selbstbestimmtheit braucht, als jemand, der selbstbestimmt seine Mobilität quasi in die Hand nehmen möchte und wir glauben da eher, dass man so in die Richtung Semi-Autonomität oder autonomes Fahren gehen will und trotzdem, weil man noch selber bestimmen will: „Hey, ich möchte das oder das machen.“ und vielleicht früher oder später wird es komplett autonom sein, aber ich glaube: Es wird noch so einen kleinen Schritt geben.

Dennis Bruder: Spannend. Ich wurde auch mal an der Universität angefragt. Innerhalb eines Projektes, wo es um autonomes Fahren ging: Was denn meine Anforderungen daran wären. Bei mir war es eigentlich so, dass ich mir dachte: „Ich hätte gern …“

Also: Vielleicht, um es in dem Podcast kurz zu erklären: Ich sitze auch in einem Elektrorollstuhl. Ich benutze ein ähnliches System wie von Munevo und steuere eben auch den Rollstuhl nur mit dem Kopf und kann meine Arme nicht bewegen und für mich war eben schon die Voraussetzung: Wenn es das mal gibt, ist Stufe fünf voll autonome Fahren, dass ich dann in einem Fahrzeug fahren kann, fühle mich selbstständig, dass ich mich selbstständig verankern kann und dann dem Fahrzeug sagen kann: „Fahre mich in die Innenstadt und von dort ich aussteigen kann.“ Wenn man an den Punkt mal gekommen ist, ist halt für mich persönlich eine riesen Freiheit gewonnen. Das war so mein Grundgedanke. Der Witz war dann da. Also: Wenn man das natürlich bis ins Letzte durchdenkt, was das alles für Schritte sind, die bis dahin geleistet werden müssen, auch mit der Fixierung von einem Rollstuhl im Fahrzeug hin. Also: Da bin ich mal gespannt, wann der Tag kommen wird.

Claudiu Leverenz: Ja. Spannend.

Dennis Bruder: Jetzt noch mal ganz konkret zum Abschluss eigentlich: Was sind die Next Steps in eurer Firma so? Worauf kann man sich freuen? Gibt es irgendetwas, was du, was demnächst kommt, was ihr in der Pipeline habt?

Claudiu Leverenz: Definitiv. Jetzt aktuell haben wir gerade die zweite Version releast und die ersten bekommen, auch schon die zweite Version ausgeliefert. In der zweiten Version gibt es einfach so spannende Verbesserung, vor allem halt in der Integration zum Computer, Apple iPhone, Macbook und solche Sachen haben wir damit mit eingebaut jetzt, die besser funktionieren. Die wir erweitern auch noch weiterhin die Integration zu den ganzen Umfeldsteuerungen wie Smartphone. Da haben wir zwei Systeme bereits entwickelt. Wollen da eben noch mehr und weiter integrieren mit verschiedenen Systemen. Wir haben jetzt auch aktuell ein Prototypstadium, aber eben eine kleine Sprachsteuerung eingebaut. Vor allen Dingen, wenn man in der Umfeldsteuerung irgendwie zwanzig Module hat und man dann nicht zwanzig Mal quasi irgendwie den Kopf bewegen möchte, dass man einfach nur per Sprache schnell auswählen möchte. Das kommt auch bald und wir hoffen, dass wir jetzt bald auch in der … wir forschen gerade mit verschiedenen Universitäten an der Verbesserung der Roboterarmintegration. Also, dass du mit dem Roboterarm trinken kannst, essen kannst. Da versuchen wir ein Machine-Learning auch wirklich einzusetzen, um den Roboterarm so gewisse Menschlichkeit zu geben und schnellere Aufgaben durchzuführen. Das hat gerade gestartet. Wir haben jetzt noch … sind noch bei der Analyse oder Planungsphase und dann geht es eben in die Inplementierungsphase und dann schauen wir mal, wie sehr man das wirklich hinbekommt, aber das … ich könnte, glaube ich, noch an ein paar andere Sachen nennen. Also: Es sind super viele.

Dennis Bruder (lacht): du musst auch nicht alle Betriebsgeheimnisse verraten.

Claudiu Leverenz (lacht): Alles gut.

Dennis Bruder: Ja. Es war super spannend. Es hat mich total gefreut, dass wir das gemacht haben und da sieht man mal, dass es von so einer kleinen Uni-Idee solche Früchte trägt, um nicht nur den Rollstuhl steuern zu können, sondern man denkt dann immer weiter und merkt wozu ein solches Produkt, wie Smart Glass oder wie überhaupt das ganze Integration, was/wo überall noch hingehen kann, wenn man Technik und Mensch verschmilzt. Also.

Claudiu Leverenz: Genau.

Dennis Bruder: Danke Claudiu, dass du uns davon erzählt hast.

Claudiu Leverenz: Danke dir.

Dennis Bruder: Und ich freue mich auch schon, dann auch von euch zu sehen und zu hören.

Claudiu Leverenz: Sehr gerne. Sehr gerne. Vielen Dank.

Dennis Bruder (Abmoderation mit Musikuntermalung): Das war es auch schon wieder von Barriere? Los! – dem Podcast zur digitalen Barrierefreiheit. Wenn Sie Fragen zur digitalen Barrierefreiheit haben, können Sie unsere kostenlose Erstberatung nutzen. Den Kontakt finden Sie auf der Webseite der Beratungsstelle Barrierefreiheit. Wir verlinken das natürlich in den Shownotes. Mit diesem Podcast sind wir Teil von Bayern Barrierefreiheit, ein Projekt das vom Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert wird. Wenn Ihnen der Podcast gefallen hat, würden wir uns über eine Bewertung freuen. Bis zum nächsten Mal bei Barriere? Los!

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